Was Wir Wissen:
Geburtsname: Jakobsthal
Vorname: Adolf
Geburtsdatum/Geburtsort: 7. Januar 1878, Freystadt
Todestag/Todesort: Genauer Todestag unbekannt
Gestorben im Alter von: 64 Jahren bei Deportation
Adolf Jacobsthal wurde am 7. Januar 1878 in Freystadt geboren. Seine Eltern waren Lewin Jacobsthal (1836-1914) und Rosalie geb. Klein. Adolf wuchs in einer großen Familie auf, er war eines von 9 Kindern. Er hatte sechs Schwestern und zwei Brüder. For the English text, click here.
Im Jahr 1903 zog Adolf mit seiner Frau Toni geb. Becker nach Kahla. Becker. Das Datum und der Ort ihrer Heirat sind unbekannt.
Adolf und Toni zogen zunächst an der Margrethenstrasse 13 ein, wo sie wohnten und ihr Geschäft, ein Spielwarengeschäft, betrieben. Später beschloss Adolf, sein Geschäft auch auf Haushaltswaren und Textilien auszuweiten.
Adolf und Toni hatten zwei Söhne, Siegfried (24. 05. 1904) und Herbert (24.07.1905), die beide in Kahla geboren und aufgewachsen sind.
Adolf und Toni planten 1911, Kahla zu verlassen und kündigten in einer Anzeige an, dass sie ihr Geschäft schließen und aus der Stadt wegziehen würden. Die Familie Jacobsthal blieb jedoch in Kahla und zog in die Salzstraße 12, wo sie ihr Geschäft weiterführte.
Während des Ersten Weltkriegs war Adolf Unteroffizier in der deutschen Armee und wurde für seinen Dienst mit dem Eisernen Kreuz ausgezeichnet. Während des Krieges verlor Adolf seine Frau Toni, die am 6. November 1916 in der Salzstraße 12 plötzlich starb.
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1920 zog Adolf erneut innerhalb von Kahla um, diesmal in die Roßstraße 28, wo er als alleinerziehender Vater mit seinen beiden kleinen Söhnen lebte und sein Geschäft betrieb.
1922 heiratete Adolf Jacobsthal seine zweite Frau, Clothilde geb. Schönthal, in Neustadt. Schönthal in Neustadt. Zwei Jahre nach der Heirat bekamen sie eine Tochter, Lotte Sabine, geboren am 24. Mai 1924.
Die Familie Jacobsthal war in der Gemeinde für ihren Beitrag zum wirtschaftlichen und sozialen Leben in Kahla bekannt. Adolf spielte Fußball in der Veteranenmannschaft des SV Kahla. Seine beiden Söhne waren besonders fußballbegabt. Siegfried zog später nach Arnstadt und organisierte 1928 Freizeitspiele gegen die Mannschaft des SV Kahla. Herbert spielte bereits mit 16 Jahren in der Herrenmannschaft des SV Kahla. Clothilde ist den Einwohnern von Kahla als sehr aktiv im Roten Kreuz in Erinnerung geblieben.
Trotz des Engagements der Familie in der Gemeinde wirkten sich die frühen Boykottmaßnahmen des Jahres 1933 in Kahla auch auf das Geschäft der Familie Jacobsthal aus. Am 1. April 1933 postierten sich SA-Männer vor dem Geschäft von Adolf Jacobsthal, um Kunden davon abzuhalten, sein Geschäft zu unterstützen.
Im November 1938 wurden die landesweiten antijüdischen Aktionen der Kristallnacht in Kahla mit Begeisterung durchgeführt. In der Stadt fanden Massendemonstrationen statt, und die Geschäfte jüdischer Unternehmen wurden geschlossen, ihre Schilder weiß angemalt und mit der Aufschrift „Wegen Mordes geschlossen“ beschmiert. Das Foto unten zeigt das Geschäft von Adolf Jakobsthal nach dem Novemberpogrom.
Neben der Zerstörung seines Geschäfts und seiner Wohnung wurde Adolf am 10. November 1938 verhaftet und in das Konzentrationslager Buchenwald gebracht. Er wurde entlassen und kehrte am 23. November 1938 nach Kahla zurück. Die Familie Jakobsthal musste ihr Haus in der Roßstraße 28 verlassen und wurde in die eingerichteten „Judenbaracken“ unterhalb des Bahnhofs verlegt. Am 1. Januar 1939 wurde Adolf durch neue Gesetze verboten, sein Geschäft zu betreiben.
Zu dieser Zeit wurden die in der Kaserne lebenden jüdischen Bürger oft gezwungen, in den nahe gelegenen Porzellanfabriken oder beim Bau des Hohenwarte-Damms zu arbeiten. Es ist wahrscheinlich, dass Adolf auf diese Weise ein kleines Einkommen erzielen konnte, um seine Familie zu unterstützen, nachdem ihm sein Geschäft genommen worden war.
Clothilde Jacobsthal starb am 3. Mai 1942. Als Todesursache wird auf ihrem Totenschein ein Herzinfarkt angegeben. Obwohl dies nicht bestätigt werden kann, dürfte die Familie Jacobsthal die Mitteilung über ihre geplante Deportation etwa zum Zeitpunkt von Clothildes Tod erhalten haben, was sich wahrscheinlich auf ihren Gesundheitszustand und ihre Todesursache ausgewirkt hat. Adolf unterschrieb die Sterbeurkunde seiner Frau nur wenige Tage vor seiner Deportation.
Am 10. Mai 1942 wurde Adolf Jacobsthal in das Ghetto Belzyce deportiert. Er war der einzige jüdische Einwohner, der von Kahla nach Belzyce deportiert wurde. Außer seinem Namen auf den Deportationslisten gibt es keine Spuren über seinen Verbleib oder sein Schicksal.
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Adolfs Sohn Herbert lebte mit seiner Frau Herta (geb. Ziegler) in Berlin. Herta arbeitete als Kindergärtnerin. Das Paar lebte bis Ende 1940 in einer kleinen Wohnung zusammen und zog dann zu Hertas Mutter Rosa. Gegen Ende des Jahres 1942 wurde Herbert zur Zwangsarbeit bei Reinigungsarbeiten in ganz Berlin eingesetzt. Am 23. November 1942 wurden Herbert und Herta gezwungen, eine Erklärung über ihr verbliebenes Vermögen zu unterzeichnen, das als dem Reich verfallen erklärt wurde. Beide wurden am 29. November 1942 mit dem 23rd Osttransport nach Auschwitz deportiert. Herbert starb am 3. Januar 1943 an Herzversagen und Darmproblemen.
Siegfried Jacobsthal floh aus Deutschland. Er heiratete Lea (Mädchenname unbekannt) am 15. August 1937 in Breslau, wo Lea geboren wurde. Ihr letzter fester Wohnsitz vor der Auswanderung war London, England. Siegfried und Lea verließen den Hafen von Southhampton am 12. Dezember 1939 mit dem Schiff S.S. Veendam. Sie kamen am 22. Dezember 1939 in New York, USA, an. Laut dem U.S. Social Security Death Index ist Fred Jacobs (Siegfried Jacobsthal) im Mai 1963 in New York gestorben.
Auch Lotte Jacobsthal gelang es, aus Deutschland zu fliehen. Lotte verließ Deutschland im Februar 1939 mit einem Kindertransport und kam am 14. Februar 1939 in Schweden an. Nach dem Ende des Krieges im Mai 1946 zog sie zu ihrem Bruder in die USA. Lotte heiratete Fritz (Fred) Herzberg im Mai 1950 in St. Louis, Missouri. Sie starb jung im Alter von 31 Jahren im Jahr 1956. Lotte ist in Missouri begraben.
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Stolpersteine wurden 2010 für Hermann, Herta und Hertas Mutter Rosa in Berlin verlegt.
In der Roßtraße 28 in Kahla wurden 2016 Stolpersteine für Adolf, Lotte und Clothilde Jacobsthal verlegt.
Quellen:
Peer Kösling, „Die Verfolgung und Vernichtung der Kahlaer Juden 1933–1945“ (2015) https://demokratieladen.com/wp-content/uploads/2015/10/Judenverfolgung.in_.Kahla_Druck_3mm.Anschnitt.compressed.pdf
Stolpersteine Berlin, Bibliography for Herbert Jacobsthal by Wilfried Burkard, https://www.stolpersteine-berlin.de/en/bartningallee/7/herbert-jakobsthal
Siegfried Jacobsthal, Emigration: My Heritage, Ellis Island and Other New York Passenger Lists, 1820-1957, https://www.myheritage.com/research/record-10512-20937050/siegfried-jacobsthal-in-ellis-island-other-new-york-passenger-lists
Photo of Siegfried Jacobsthal: My Heritage, Borchardt-Pincus-Peiser Family Website, managed by François Edouard Cellier, https://www.myheritage.com/site-224678941/borchardt-pincus-peiser-family